Wie ich im letzten Blog „Selbsterfüllende Prophezeiung, Teil 2“ schon angekündigt habe, wollte ich diesmal tiefer eintauchen:
in die Frage, was passiert, wenn unsere Werte im Job nicht mehr gelebt werden können – und wie sich das anfühlt.
Damals hatte ich gerade meinen Arbeitsplatz gewechselt, weil meine Werte dort einfach nicht mehr passten.
Ich war voller Hoffnung, dass es nun besser werden würde – neue Aufgaben, neue Kultur, neue Energie.
Dazwischen war noch viel passiert, bis dann ein Erlebnis mir sehr deutlich zeigte, dass Werte nicht an der Bürotür Halt machen.
Sie sind immer dabei – und werden besonders laut, wenn sie verletzt werden.
🌀Irgendwas stimmt hier nicht.
„Warum fühle ich mich schlecht, wenn ich eine Aufgabe ausführen soll?“
„Was ist da los?“
Hast Du schon mal überlegt, welche Werte bei Deiner Arbeit eine Rolle spielen – und wann sie verletzt werden? Hier nun eines meiner Beispiele.
Ein Meeting, das mich sprachlos machte
Ich erinnere mich noch genau an eine Szene, die mich damals völlig aus der Bahn geworfen hat. Mein damaliger Vorgesetzter lud mich zu einem Brainstorming-Meeting ein. Es ging darum, die Management-Meetings auf die neue, agilere Organisationsstruktur anzupassen. Genau mein Thema! Ich war voller Energie und Ideen.
Doch was dann passierte, ließ das Kaninchen in mir erstarren.
Er stand am Whiteboard, während ich mich mit meinem Laptop an den Tisch setzte.
Dann begann er, mir Fragen zu stellen – zu den Meetings, den Teilnehmenden, den Abläufen.
Zuerst dachte ich:
„Super, wir steigen gleich inhaltlich ein!“
Doch nach und nach merkte ich, dass er gar kein echtes Brainstorming wollte.
Alles, was er wissen wollte, hätte er auch in seinem Kalender nachschauen können.
Er suchte keine Ideen – er wollte Abkürzungen.
Ich saß da und merkte, wie aus meiner anfänglichen Motivation langsam Frust wurde.
Er schrieb meine Antworten an die Tafel, ergänzte sie mit eigenen Gedanken – und brainstormte schließlich sehr zufrieden vor sich hin.
Nach meiner Meinung fragte er nicht.
Meine Vorschläge kommentierte er mit einem knappen: „Ja, aber …“
Irgendwann verstummte ich.
Nach rund vierzig Minuten drehte er sich zur Tafel, betrachtete sein Werk, und sagte dann:
„So, und nun schreibst Du das alles ab.“
Ich war sprachlos.
In mir kochte es.
Ich bin keine Sekretärin. Ich bin hier, um mitzugestalten.
Doch ich sagte nichts.
Ich saß da, innerlich wütend – und äußerlich ruhig.
Damals konnte ich nicht reagieren. Ich fühlte mich klein, ohnmächtig, übergangen.
Ein paar Minuten später
Ein paar Minuten später, nur ein Raum weiter, war ich in einem anderen Meeting.
Aber ehrlich gesagt: Ich war noch gar nicht wieder richtig da.
Ich hatte Tränen in den Augen, musste mich zusammenreißen, um überhaupt wieder klar denken zu können.
So viel Wut, Enttäuschung und Hilflosigkeit – alles gleichzeitig.
Ich musste mich erst einmal wieder sammeln.
Dann begann das nächste Meeting. Wieder Whiteboard, wieder ein gemeinsames Thema – diesmal gleich mit zwei Managern. Also erneut ein deutliches Hierarchiegefälle.
Und trotzdem: alles anders.
Wir erarbeiteten gemeinsam, jede Meinung wurde gehört, jede Idee wertgeschätzt. Am Ende fragte mich einer der beiden freundlich, ob ich das Ergebnis zusammenfassen könnte. Gleiche Aufgabe – völlig anderes Gefühl.
Hier fühlte ich mich auf Augenhöhe, respektiert und eingebunden.
💭 Warum mich das so getroffen hat
Damals verstand ich nicht sofort, warum mich diese Situation so tief getroffen hatte. Heute weiß ich, er hat gleich gegen mehrere meiner zentralen Werte verstoßen:
🤝 Zusammenarbeit auf Augenhöhe
💡 Einbringen von Expertise
💬 Respektvolle Kommunikation
Es ging nicht um die Aufgabe – sondern um die Haltung dahinter.
Der Ton macht die Musik.
🌱 Meine Erkenntnis
Es sind nicht die Aufgaben, die uns ausbrennen.
Es sind die Situationen, in denen unsere Werte verletzt werden.
Und manchmal merken wir das erst, wenn wir uns selbst fragen:
Warum hat mich das eigentlich so getroffen?
Für manche Menschen mag es nicht schlimm sein, wenn Entscheidungen von oben kommen und man einfach ausführt.
Wenn das für Dich funktioniert – wunderbar.
Für mich war es schlimm, weil Augenhöhe zu meinen wichtigsten Werten gehört.
Ich möchte beitragen, mitdenken, gestalten.
Ich brauche das Gefühl, dass mein Wissen zählt – und dass wir gemeinsam Lösungen finden.
🔍 Reflexionsfragen für Dich
🪞 1. Welche Deiner Werte werden bei Deiner Arbeit erfüllt – und welche vielleicht regelmäßig verletzt?
💬 2. Wie reagierst Du, wenn Du spürst, dass etwas „nicht stimmt“?
👣 3. Wenn Du selbst Führungskraft bist:
Begegnest Du Deinen Mitarbeiter:innen wirklich auf Augenhöhe?
Oder ist aus dem „gemeinsam erarbeiten“ vielleicht doch manchmal ein „Befehl und Ausführung“ geworden?
Denn am Ende entscheidet nicht die Hierarchie über gute Zusammenarbeit –
sondern die Haltung, mit der wir einander begegnen.
💡Fazit
Wenn unsere Werte bei der Arbeit nicht gelebt werden, merken wir das zuerst im Bauch, nicht im Kopf.
Das ungute Gefühl ist kein Zufall – es ist ein Signal.
Die Kunst liegt darin, es ernst zu nehmen.


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